Anton Reinhardt wurde am 10. Juni 1927 in dem Dorf Weiden am Rande des Schwarzwalds zwischen Sulz und Freudenstadt geboren. Seine Mutter ist Elvira Reinhardt (Sinti Name: Engadin) im Berner Jura geboren (2.1.1903) eine ambulante Händlerin (Für die Schweizer Behörden waren die Sinti und Jenischen, obwohl sie seit Generationen in der Schweiz lebten, keine Schweizer sondern blieben bis in die 1990iger Jahre des 20. Jahrhunderts staatenlos. Die Mutter erlangte die deutsche Staatsangehörigkeit durch Heirat.) Antons Vater ist der Musiker Ludwig Reinhardt, der 1933 stirbt. Im Haushalt lebten sieben Kinder darunter Anton und Gottfried (geb 1920) sind; beide wurden Opfer des NS. 1934 heiratet die Mutter den Korbmacher ebenfalls ein Sinto und zieht in dessen Heimatgemeinde Waldshut, Liederbach 2-8.

Anton besuchte die Volksschule in Waldshut und war ein begeisterter Schwimmer. Nach seinem Schulabschluss arbeitete er in einer Maschinenfabrik. Der ältere Bruder Gottfried wurde im März 43 in „Schutzhaft“ genommen und am 23.4.43 kam er in der ersten grossen Sinti/Roma Deportation nach Auschwitz – er starb am 19.2.44 in KZ Majdanek. Im Sommer 1943 schloss Anton die Führerscheinprüfung für Fahrzeuge bis 2,5 Tonnen ab. Im Februar 44 wird von der Gestapo verhaftet (wg. Rassenschande so Aussage der Mutter). Bei der Überführung ins Krankenhaus konnte er fliehen, wurde aber Monate später von der deutschen Grenzpolizei am 14.8 nahe Konstanz festgenommen. Er wird ins Waldshuter Gefängnis überführt und 25.8. ins Krankenhaus zur zwangsweisen Sterilisierung. Von dort floh Anton erneut und schwamm bei anbrechender Dunkelheit durch den Rhein in die Schweiz.

Doch er wurde von Schweizer Polizei entdeckt. Ein Polizei-Dokument hielt fest, dass Anton am 25. August 1944 um 20.30 Uhr wegen "illegalem Grenzübertritt" in Koblenz verhaftet und um 21.00 Uhr in das Bezirksgefängnis im sechs Kilometer entfernten Zurzach eingeliefert wurde. Obgleich er angibt, dass Verwandte von ihm nach Auschwitz verschleppt wurden, er wegen seiner drohenden Deportation geflohen sei, verweigerten ihm die Schweizer Behörden das Asyl und schoben ihn am 8.9.1944 ins Elsaß, 1944 Teil Großdeutschlands, ab.

Nach kurzer Zeit wurde Anton im Elsass äverhaftet und kam ins Sicherungslager Schirmeck-Vorbruck in den Vogesen, dann bei näherrückender Front im November ins Außenlager Rotenfels in Gaggenau, dort mussten die Insassen Zwangsarbeit für Daimler-Benz leisten. Im Januar 45 glückte Anton zusammen mit einem Mitgefangenen die Flucht während der Aufräumarbeiten durch Bombardements in Gaggenau. Doch bereits zwei Tage später wurden die beiden in Hundsbach aufgegriffen. Zurück im Lager Rotenfels mussten sie zur Strafe mit auf dem Rücken zusammengebundenen Händen bis zur Erschöpfung rennen und erhielten 14 Tage lang nur Wasser und Brot. Kurz vor Kriegsende – bei Nähern der Front und Auflösung des Lagers – gelang Anton mit einem Mitgefangenen erneut die Flucht. Aber er fiel am Karfreitag in der Nähe von Bad Rippoldsau, unterhalb des Kniebismassivs, in die Hände einer Volkssturm-Einheit unter Leitung von F. Wipfler. Statt den jungen Mann der Polizei zu übergeben, wurde er von dem SS-Hauptsturmführer K. Hauger, im Volksmund der „kleine Hitler von Wolfach genannt, verhört und in der Nacht – nach einem „geselligen“ Beisammensein mit Angehörigen der Volkssturmeinheit – von einem Standgericht zum Tode verurteilt. Am Morgen des 31. März 1945 – Ostersamstag - musste Anton eine Grube ausheben, bevor Hauger ihn mit einem Genickschuss tötete. Die einzige Gnade, die man Anton Reinhardt erwies, war das Schreiben des Abschiedsbriefes an seine Mutter.

Dieser sogenannte Karsamstagmord wurde juristisch von den Landgerichten Offenburg und Karlsruhe sowie dem Bundesgerichtshof aufgearbeitet. Es ist einer der seltenen Gerichtsverfahren für NS-Verbechen an Sinti und Roma. Anfang 1957 kommen Hauger und Wipfler in Untersuchungshaft. Hauger, der untergetaucht war, erst nachdem ihm zugesichert wurde, dass er nicht an Frankreich ausgeliefert werde, wo er wegen 14 - fachem Mordes an französischen Gefangenen zu Tode verurteilt war. Verurteilt wurden beide Angeklagte wegen Totschlags: Hauger zu 7 Jahren Zuchthaus und Wipfler zu 3 1/2 Jahren Gefängnis. 1961 kam nach 4 ½ Jahren Hauger (aus der Krankenhaftanstalt Hohenasperg) frei.

Die Mutter kämpfte um die Wiedergutmachung wegen der Morde an ihren Söhnen. 1958/59 werden ihre Entschädigungsforderungen abgelehnt, 1963 erneut. Erst nach einem Prozess wird ihr für den Tod Antons 1.287 DM (für Haft und Verdienstausfall) zugesprochen. Die Akten bestehen bis 1963, danach brechen sie ab. Die Akten-Umlaufzettel verweisen jedoch bis ins Jahr 1987.

Der Filmemacher Karl Fruchtmann hat die Ermordung Anton Reinhardts in seinem Film "Ein einzelner Mord" (1999) dokumentiert. Im Oktober 2000 wurde auf dem Friedhof von Bad Rippoldsau ein Gedenkstein enthüllt.

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